Unendliche Reise

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– »Reise ins bedingungslose Bewusstsein«

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Die Unendliche Reise beschreibt, wie die Identifikation mit der Persönlichkeit zusammenbrechen kann und was an ihrer Stelle erscheint. Es prüft, was es wirklich bedeutet, aus dem Traum der Persönlichkeit zu erwachen: wie sich der ursprüngliche Seinszustand im Erwachsenenleben manifestiert, wie er sich vom überlieferten Bild der Erleuchtung unterscheidet und wie sich das Leben jenseits der Persönlichkeit auf die teilweise verwirrende Welt des spirituellen Suchens und Lehrens bezieht.

Unendliche Reise ist das zweite Buch in der Reihe „Leben jenseits der Persönlichkeit”. Die ergänzende Lektüre der Gespräche aus Die Geschichte von „Dir” ist empfehlenswert, da die behandelten Themen und Konzepte in den Diskussionen der beiden Bücher nach und nach ausgebaut werden.

Es folgt ein Auszug aus dem nun auf deutsch erschienenen Werk Unendliche Reise von Jez Alborough, erhältlich bei Bod und auf Amazon. Es handelt sich hierbei um den zweiten Teil der zweiteiligen Reihe Leben jenseits der Persönlichkeit.

Kapitel 8 Ein Erwachen

Eine mächtige Erfahrung des Unendlichen

...

Matthew: Du hast davon erzählt, wie sich eines Nachts das Leiden deines Zusammenbruchs intensivierte und dann das Licht durchschien. 

Jez: Ja, es gibt ein gutes Zitat von Albert Camus dazu, das reflektiert, was mir passiert ist: 

»Mitten im tiefsten Winter wurde mir endlich bewusst, dass in mir ein unbesiegbarer Sommer wohnt.« 

Als ich am nächsten Morgen wieder die Treppen runterkam, fragte mich meine Frau: »Was ist letzte Nacht passiert? Das ganze Haus fühlt sich an, als wäre es voller Licht.« Ich sagte ihr: »Ich weiß es nicht, ich ging gepeinigt zu Bett und fand mich dann irgendwie in den Armen der Unendlichkeit wieder.« Das war der Ausdruck, der mir in den Sinn kam. Ich gebrauchte ihn, als ich über das Geschehene ein Gedicht schrieb: 

In den Armen der Unendlichkeit 

Das Aufwachen schlägt ein
Wie ein Blitz, der die Nacht erhellt
Die Geschichte von »Dir«,
Mit ihrer emotionalen Glaubensgeschichte,
Und ihrer erhofften Wunschzukunft –
Löst sich auf in den Armen der Unendlichkeit.
Außerhalb des Verstandes und seiner Wahrnehmung von Zeit,
Außerhalb des Würgegriffs der Kontraktion,
Findet man keine Trennung von der Liebe.
Jede Berührung, jeder Geruch, jeder Klang,
Jeder Atemzug, jeder Gedanke, jedes Gefühl
Wird erkannt als die Liebe inmitten, durch und um das,
Was als »Du« gelebt hat. 

In der zeitlosen Erfahrung der Liebe
Werden das Hinterherjagen nach Wünschen
Und die Ablenkung vom Leiden
Plötzlich hinfällig.
Jetzt wird um nichts mehr gekämpft,
Vor nichts geflohen,
Nirgends hingegangen. 

Bedeutung findet sich in der einfachen Freude
Im Zentrum des Mysteriums des Lebens platziert zu sein.
Das Mysterium zu erfahren,
Durch diese Form des scheinbaren »Dus«,
Ist alles, was das Einssein möchte. 

Matthew: Das erinnert mich an unsere allerersten Gespräche über, wie wir in diese Welt kommen. Ist das, was du beschreibst, das Gleiche wie der natürliche Zustand? 

Jez: Es ist eine Erfahrung des natürlichen Zustands des Seins, den wir alle als Babys erleben, aber es gibt einen Unterschied: Im natürlichen Zustand gibt es bedingungsloses Bewusstsein, aber kein Ich-Bewusstsein. 

Matthew: Weil es noch kein Selbst gibt?

Jez: Ja. Bei einem Neugeborenen gibt es noch kein Gefühl eines Zentrums und kein Bewusstsein, das sich selbst beobachten kann. Bei einem Erwachen gibt es das Gewahrsein des Bewusstseins eines Erwachsenen, das darauf fallen kann und das dann versuchen kann, es in Worten auszudrücken, wie ich es mit diesem Gedicht versucht habe. Ich sage »versucht«, weil es nicht einfach ist, darüber zu sprechen oder zu schreiben. Tatsächlich ist es fast unmöglich.

Die Geschichte von »Dir« handelte von der Persönlichkeit: ihre Funktion, Erscheinung, Motivation usw. Das geschieht alles auf der relativen Ebene, wo Dinge beobachtet, kartiert und beschrieben werden können. Sprache ist eine Ausgeburt des Geistes und als solche gehört sie der relativen Ebene an. Daher ist das Erörtern der Persönlichkeit vergleichsweise einfach. Wie schon erwähnt, ist es nicht so einfach, die Sprache effektiv zu gebrauchen, um das, was sich außerhalb des Relativen befindet, zu beschreiben, nämlich die absolute Ebene. Es ist wie den Himmel mit einem Schmetterlingsnetz einfangen zu wollen. Trotzdem laufe ich jetzt hier rum und fuchtle mit diesem Netz herum!

Matthew: Wenn wir das aber mit einbeziehen: Kannst du mir noch mehr darüber erzählen, was mit der »relativen« Erfahrung einer Person passiert, der ein Erwachen geschieht?

Jez: Hier muss ich dich bremsen und etwas klarstellen: Das Erwachen geschieht keiner Person. Es geschieht, weil der Blickwinkel einer Person, oder der Persönlichkeit, ausgesetzt wird. In dieser Aussetzung offenbart sich das, was bereits ist, d.h. die absolute Ebene des Einsseins.

Matthew: Es ist schwer, die richtigen Worte zu finden, ohne solche Ausdrücke wie »eine Person, die ein Erwachen hat« zu benutzen.

Jez: Ich weiß, aus der Perspektive der relativen Ebene scheint es so, als ob »eine Person ein Erwachen hätte«. Trotz meiner besten Absichten kann es sein, dass die Art, wie ich die Dinge im Verlauf dieser Gespräche ausdrücke, diese Ansicht verstärkt. Doch jetzt, nachdem ich das klargestellt habe, können wir weitermachen. Behalte aber im Auge, dass das Erwachen, wie auch immer es erklärt wird, keiner Persönlichkeit geschieht. Es offenbart sich, weil die Persönlichkeit temporär überstrahlt wird.

Matthew: Ich versteh’ das. Wir müssen das von der relativen Ebene aus besprechen, weil wir sonst nichts haben.

Jez: Ja, wir spielen ein unmögliches Spiel, aber es ist ein gutes Spiel und es ist durchaus möglich, dass wir dir durch unser Spielen etwas Nützliches kommunizieren können.

Matthew: Na gut, lass es mich nochmal versuchen: Wie manifestiert sich das Erwachen bei der Person, die es zu haben »scheint«? Wie hat es sich für dich angefühlt?

Jez: Das Erwachen erscheint als eine plötzliche und dramatische Ausweitung des Bewusstseins. Durch das kontrahierte Selbst fließen Schockwellen, die die Wahrnehmung öffnen und die Energie in den Zellen und dem Gewebe des Körpers aktivieren. Für mich gab es hauptsächlich eine große Stille, einen Frieden, der im Kontrast zur höllischen Erfahrung des Zusammenbruchs stand. Es kann aber auch als Ergüsse der Glückseligkeit, Chakra-Öffnungen, große Hitze oder tiefgehende Klarheit des Geistes erfahren werden. Das sind die Details, die Form, in der es sich präsentiert, aber hauptsächlich ist da das Gefühl, aus einem Schlaf erwacht zu sein.

Matthew: Unterscheidet sich dieses Ereignis des Erwachens eigentlich von…?

Jez: Ich muss dich schon wieder ausbremsen und noch etwas klarstellen, das dir dabei helfen wird, das Thema des Aufwachens etwas zu erhellen. Aus der relativen Perspektive scheint das Erwachen ein Ereignis zu sein, das in der Zeit geschieht. Ich ging ins Bett und es schien etwa um halb zwei in der Nacht passiert zu sein. Nichtsdestotrotz geschieht das Erwachen aus der absoluten Ebene gesehen deswegen, weil man sich von der Persönlichkeit, die den Verstand und ihre Wahrnehmung von Zeit inkludiert, entkoppelt hat. Wir sind also in diesem Bereich, in dem zwei scheinbar entgegengesetzte Dinge gleichzeitig wahr sind. Auf der relativen Ebene gibt es die Erscheinung von jemandem, der eine Erfahrung in der Zeit macht, aber jene Erfahrung ist eine des Absoluten, was jenseits von Zeit liegt.

Um das noch weiter zu beleuchten, denke an Babys im natürlichen Zustand: Sie haben keine Vorstellung von Zeit (sie haben noch keine geistige Fähigkeit, um dieses Konzept zu unterhalten). Sie sind noch nicht auf die relative Ebene abgestimmt, auf der Zeit wahrgenommen wird. Sie sind auf die absolute Ebene »gestimmt«, wo so etwas nicht existiert. Ein Erwachsener hat einen Verstand und das Bewusstsein über so etwas wie »Zeit«, doch während eines Erwachens ist er oder sie, so wie ein Baby, auf das Absolute »gestimmt«, das sich jenseits der Entstehung von Zeit befindet.

Mein Punkt ist, dass das Erwachen nur aus der relativen Perspektive als ein an die Zeit gebundenes Ereignis erscheint. Was sich im Erwachen offenbart, ist jenseits von Zeit; trotzdem kann die Persönlichkeit, zu der man zurückkehrt, sich nur auf die relative Welt beziehen. Wenn also so ein Erwachen besprochen wird, wird diese Zeitlosigkeit in ein Ereignis in der Zeit übersetzt. Es ist hilfreich, sich an das zu erinnern, wenn wir das Wort »Ereignis« benutzen. Okay, was hattest du gefragt?

Matthew: Ich habe mich gefragt, was der Unterschied zwischen dem Ereignis des Erwachens und einer Öffnung ist? Beides klingt ziemlich ähnlich.

Jez: Eine Öffnung ist ein kurzer Blick jenseits der Persönlichkeit, nur eine kurze Offenbarung; sie mag Sekunden dauern, oder vielleicht maximal eine Stunde. Nachdem Öffnungen so flüchtig sind, kann es sein, dass ihre Erfahrung – wenn sie vorüber sind – verdrängt und ins Unterbewusstsein verbannt wird. Wir haben schon herausgefunden, dass das bei manchen Öffnungen der Fall war, die du hattest, als du jünger warst.

Ein Erwachen ist eine mächtigere, länger andauernde Erfahrung des Lebens jenseits der Persönlichkeit. Wegen seiner Macht kann es nicht verdrängt werden. Du bist in einer so starken Erfahrung des Einsseins versunken, dass sie, wenn sie vergangen ist, unmöglich zu ignorieren ist. Eine Öffnung ist wie jemand, der in einer dunklen Nacht, ein Licht ein- und ausknipst; ein Erwachen ist, als bliebe dieses Licht viel länger eingeschaltet, also ist seine Wirkung und die Erhellung, die es schafft, viel stärker.

Du kannst den Unterschied zwischen einer Öffnung und einem Erwachen an den Auswirkungen messen, die eine Person nach dem »Ereignis« erfährt. Nach dem, was du mir erzählt hast, war das, was dir im Stadtpark widerfahren ist, definitiv eine Erfahrung des Absoluten, doch schien die einzige wahre Auswirkung auf dich das gelegentliche Entstehen des bedingungslosen Bewusstseins gewesen zu sein. Obwohl es also eine mächtige Erfahrung war, entspricht sie nicht dem eigentlichen Aufwachen aus dem Traum. Man könnte es eher mit jenen Momenten während des Schlafs vergleichen, wo man ein Geräusch hört und fast aufwacht. Der Traum wird momentan unterbrochen und dann, sofort nachdem die Störung vorbei ist, wieder aufgenommen. Die darauffolgenden Momente des bedingungslosen Bewusstseins sind vergleichbar ähnliche, jedoch kleinere Störungen des Schlafs.

Was ich also sage, ist, dass der Traum nicht vollständig gebrochen wird, man kehrt schnell in ihn zurück. Das ist es, was nach meinen Kindheitsöffnungen am Fluss passiert war: Ich radelte schlicht nachhause und setzte mein Leben eines Teenager-Jungen fort. Ich schlürfte meinen Tee, spielte mit meinem Bruder und sah fern. Obwohl es, sicherlich wie bei dir, eine Zeitlang ein Gefühl des Staunens und des Glücks gab.

Matthew: Wie unterscheiden sich die Dinge davon nach einem Erwachen?

Jez: Du kannst ein Erwachen nicht einfach so unberührt hinter dir lassen. Der Traum hat tatsächlich aufgehört, zumindest zeitweise, und daher kannst du nicht einfach so wieder einschlafen.

Matthew: Du sagst »nicht einfach so«, aber das heißt, es kann trotzdem vorkommen?

Jez: Ja. Ich erinnere mich daran, mich ein, zwei Tage in so einer Art Nachglühen befunden zu haben und dann… ging es irgendwie verloren. Es wurde nicht vergessen, aber einfach nicht mehr erlebt. In den meisten Fällen, von denen ich gehört habe, geht die Erfahrung vorbei. Sie kann Tage andauern, Wochen oder sogar Monate, aber die klare Wahrnehmung des Absoluten fällt normalerweise weg.

Obwohl ein Erwachen ein mächtiges, außergewöhnliches »Ereignis« ist, gibt es danach die Anziehungskraft zurück zum Bekannten, zur Sicherheit und zum Komfort der Persönlichkeitsperspektive. Dies bewirkt eine Verringerung der Erwachenserfahrung und ihrer Wahrnehmung. Erinnere dich, ich lebte trotz meiner Suche und meiner Öffnungen über vier Jahrzehnte weitgehend als Persönlichkeit identifiziert. Die Persönlichkeit ist ein gut geschütztes, starkes System. Es legt sich nicht einfach nieder und gibt auf. Nach der Erwachenserfahrung des Einsseins hat die Kollision des Unendlichen mit der Idee der Trennung ihre Auswirkung.

Matthew: Was war für dich die Auswirkung?

Jez: Zunächst einmal gab es ein Gefühl des Staunens und des Gesegnet-Seins, dass das geschehen war.

Matthew: Ich hab’ gelesen, dass manche Leute recht viel Angst erleben…

Jez: Ja, das hab’ ich auch gehört. Es hängt alles davon ab, was im Leben zuvor geschehen war. Bei mir war, nach dem ich schon so viel Angst im Zusammenbruch durchlebt hatte, das Erwachen eine gesegnete Erleichterung, eine temporäre Pause von alldem. Außerdem hatte ich mich den Lehren des Einsseins geöffnet und dadurch einiges an Kontext dafür, was mir passiert war. Deswegen habe ich auch gesagt, dass das Studieren des Themas »Leben jenseits der Persönlichkeit«, obwohl es das Erwachen nicht erzeugt, gewiss bei seinen Nachwehen behilflich sein kann. Ohne diese Erdung in den Konzepten, kann das plötzliche Auf-den-Kopf-stellen der »Realität«, wie wir sie bezeichnen, das Gefühl der Sicherheit in der Welt zerschmettern und große Angstwellen auslösen.

Matthew: Laut dem, was ich gelesen habe, kann es bei manchen Leuten auch viel Energiefreisetzung geben und ein Gefühl der Sicherheit und Stärke.

Jez: Ja, es kann so eine Art Inbrunst und Aufregung geben; die Person kann von diesem Ereignis »high« wirken. Das Erwachen wird als außergewöhnlich erfahren, weil die Intensität seiner Strahlkraft im Vergleich dazu, wie wir normalerweise in der Kontraktion der Persönlichkeit leben, außergewöhnlich ist. Dies kann zu so einer Art Eifrigkeit führen, zu einer Aufregung der Person, die den Wunsch verspürt, es allen zu erzählen.

 

Matthew: Ist es dir so ergangen?

Jez: Bis zu einem gewissen Grad, aber ich bemerkte schnell, dass keiner interessiert war. (Lacht.) Das Letzte, was Persönlichkeiten hören wollen, ist irgendetwas über eine Erfahrung jenseits der Persönlichkeit. Außerdem war noch zu viel anderes los. Erwachenserfahrungen sind kostenlose Geschenke, die den Weg hin zur Befreiung sogar noch kraftvoller als Öffnungen deuten. Aber danach – nach dem »Ereignis« – beginnt die tatsächliche Arbeit: die transformative Wirkung, die es auf dein Leben hat. Es ist nicht etwas, das du tust, doch es geschieht. Öffnungen und Erwachenserfahrungen sind Botschaften aus der absoluten Ebene, aber das Vermögen, das zu leben, was sie offenbaren, betrifft die relative Ebene des Körpers und des Geists – das Betriebssystem der Person.

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